Zahlreiche Interessierte fanden sich am 12. Juni 2018 im Selbsthilfezentrum des DRK Odenwaldkreis zum Themenabend Kaufsucht ein. Sowohl die Filmvorführung als auch das anschließende Publikumsgespräch informierten über Ausprägungen, Hintergründe und Schicksale von Kaufzwängen, zeigten aber auch Hilfestellung und Umgang damit auf.
Gezeigt wurde die Dokumentation »Im Kaufrausch« aus der ZDF-Reihe 37 Grad. Über mehrere Monate begleitete das Filmteam drei Menschen, die unter Kaufzwang leiden.
Alle, die an dem Abend keine Zeit hatten, haben die Möglichkeit, den Film in der ZDF-Mediathek abzurufen: Im Kaufrausch – süchtig nach Konsum. Besonders gefreut hat uns, dass eine der Hauptpersonen des Films, Sonja, sich zum anschließenden Publikumsgespräch bereiterklärt hatte.
Aha-Erlebnisse
Sonja schilderte, wie der Kontakt zum Filmteam zustandegekommen ist und dass sie die Dreharbeiten als besonders wertschätzend empfunden habe. Der Schritt, sich dadurch einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren, habe zunächst Überwindung gekostet. Doch war es ihr wichtig, dass mehr Menschen über das Phänomen Kaufsucht informiert werden – schließlich habe sie selbst ihr Aha-Erlebnis bei einer Fernseh-Sendung über Kaufsucht gehabt: Die darin geschilderten Gefühle und Verhaltensweisen erkannte sie auch bei sich selbst – ein erster Schritt auf dem Weg zum Umgang mit der Sucht.
Kontrolle statt Komplettverzicht
Dass dieser Weg keineswegs geradlinig und einfach ist, schilderte Sonja in sehr persönlichen und eindrücklichen Worten. Neben allgemein gültigen Strategien wie zum Beispiel dem Verzicht auf Dispo-Kredite müsse jeder seinen eigenen, individuellen Umgang mit der Sucht finden. Schließlich sei ein kompletter Kaufstopp nicht machbar: Jeder müsse, um sich als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu fühlen, eigenständig die Dinge des alltäglichen Bedarfs einkaufen dürfen. Es gehe also um einen »kontrollierten Umgang« des problematischen Verhaltens.
Belastungsprobe auch für Angehörige
Besonders hervorgehoben hat Sonja auch die Unterstützung durch ihren Ehemann Alfred, der ebenfalls an dem Abend anwesend war. Selbstverständlich gebe es wegen des Themas auch immer mal Streit, es sei durchaus eine Belastungsprobe für eine Beziehung. Gemeinsam Lösungen finden, die für beide Partner akzeptabel sind, sei nicht immer einfach.
Weitere Unterstützung finden Betroffene in der DRK-Selbsthilfegruppe zum Thema Kaufsucht, die von Sonja und ihrer Freundin Martina gegründet wurde. Regelmäßig trifft sich die Gruppe immer jeden zweiten Mittwoch im Monat im DRK-Selbsthilfezentrum, Bahnstraße 43 in Erbach von 18:00 Uhr bis 19:30 Uhr. Weitere Informationen zur Gruppe sowie Kontaktmöglichkeiten finden sich auf der Seite der Selbsthilfegruppe Kaufsucht.
Der Versuchung widerstehen
Neben Sonjas Ehemann Alfred meldeten sich auch weitere Gäste der Veranstaltung zu Wort und schilderten ihre Sicht auf das Thema. Jeder kenne schließlich das »gute Gefühl«, sich beim Shoppen einfach mal etwas zu gönnen – unabhängig von der Frage, ob man das Objekt der Begierde tatsächlich brauche.
Zudem gibt es kaum mehr Orte, die von Werbung frei sind: Fußgängerzonen, Fernsehsendungen, das Internet: Überall wird zum Kaufen von vermeintlichen Schnäppchen oder »Must-haves« aufgefordert. Sonja berichtete in diesem Zusammenhang von dem für sie erstaunlich erholsamen Urlaub in einem kleinen Dorf in Kroatien: Für einige Tage kein einziges Geschäft weit und breit zu sehen, sei für sie Erholung pur gewesen.